Der Allgemeine Gehörlosenverein Kassel und Umgebung gegr. 1889 berichtet über die documenta 14

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Foto mit Blick über die Gruppe zu den beiden Choristinnen. Links hängt der Bug eines blauen Boots. Hinter den Choristinnen ein kleiner Teil einer gebauchten Schiffswand.
In der documenta Halle bei den beiden Arbeiten „Fluchtzieleuropahavarieschallkörper (2017)
" von Guillermo Galindo

documenta 14 in Kassel

Kunstführungen mit Höranlage, in Lautsprache und LBG oder DGS
vom 10. Juni bis 17. September 2017

Die documenta ist die weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst. Sie findet alle fünf Jahre statt und dauert jeweils 100 Tage, sie wurde erstmals 1955 in Kassel veranstaltet.
Wir haben mit verschiedenen GL-Gruppen am 26.08.2017 die Neue Galerie und das Palais Bellevue (Eine komplexe Lektion in Geschichtesbewusstein), am 08.09.2017 im Fridericianum das Athener Nationalmuseum für zeitgenössische Kunst (EMST) und am 16.09.2017 documenta Halle (Licht und Luft für Masken, Malerei und viel Skulptur) besichtigt.

Die 3 öffentlichen Führungen heißen auf der documenta Spaziergänge. Die Führer/-innen nennt die documenta 14 auch anders, es sind Chorist/-innen. Die Spaziergänge laufen auch anders ab und sind mit Führungen im Museum nicht vergleichbar – wir Besucher/-innen durften viel mitdiskutieren und waren gleichgestellt mit den Chorist/-innen.
Die documenta möchte die Inklusion umsetzen. Deshalb sind alle öffentlichen Spaziergänge auch für hörende Besucher offen. Im 1. und 3. Spaziergang waren auch hörende Besucher/- innen dabei. Auch hatten wir immer zwei Choristinnen in unseren Spaziergängen. Eine Choristin ist hörend und unterstützte die gebärdensprachige Choristin, Karin Müller Schmied. Sie führte uns durch die documenta und ist an Taubheit grenzend schwerhörig.
Wir hatten zwei Choristinnen, weil die documenta erst 4 Wochen vor Ende der documenta eine Person mit Gebärdensprachkenntnissen gefunden hatte und zu wenig zur Vorbereitung und Einarbeitung war. Damit alle hörenden und gebärdensprachigen Besucher/-innen miteinander kommunizieren konnten, wurden die Spaziergänge immer in LBG und Lautsprache durchgeführt. Karin Müller Schmied hat zusätzlich auch die Wortbeiträge aller hörenden Beteiligten in LBG übersetzt.

Nach dem interessanten und beeindruckenden Spaziergang machten wir uns auf den Weg zur documenta. Die visuellen Höhepunkte der Kasseler Weltkunstschau sind Wohn-Betonröhren, ein Bücher-Tempel, Dunkle Verhüllung usw. Es ist zufällig schön, dass eine Teilnehmerin als Auszubildende für DGS-Dolmetscherin beim letzten Tag da war.

Gruppenfoto mit einem wandfüllenden Bild im Hintergrund.
Besichtigung am 08.09.2017 bei Fridericianum. Die Besucher/-innen konnten hinterfragen und miteinander ins Gespräch kommen, während sie die Ausstellung entdeckten.
Das Bild zeigt die gebärdensprachigen TeilnehmerInnen des öffentlichen Spaziergangs am 8.9.2017 mit den Choristinnen (oben, 4. und 7. von links) vor dem Bild „Fortunately absurdity is lost (but they have hoped for much more) (2014)“ von Stelios Faitakis im Fridericianum.
Gruppenfoto vor kaum zu erkennenden Kunstwerken
Besichtigung am 26.08.2017 der Neuen Galerie mit den gebärdensprachigen TeilnehmerInnen des öffentlichen Spaziergangs und den beiden Choristinnen (oben, 4. und 5. von rechts)
Gruppenfoto vor dem fast leeren Parthenon der d14
Die gebärdensprachigen TeilnehmerInnen des öffentlichen Spaziergangs am 16.09.2017. Ganz links ist die angehende Gebärdensprachdolmetscherin. Sie hat die Führung als Überraschung von ihrer Familie geschenkt bekommen. Hier stehen wir vor dem fast leeren Parthenon (Bücher-Tempel). Für Karin Müller Schmied (2. von links) war sie eine sehr große Hilfe, auch von uns ein großes Dank nochmal an sie!
Im Hintergrund ist die Arbeit „The Parthenon of Books (2017)“ von Marta Minujín zu sehen.

Die Künstlerin Marta Minujín hat das Parthenon auf dem Friedrichsplatz in Originalgröße aus Gerüststangen nachbauen lassen, verkleidet mit gespendeten Büchern, die irgendwann und irgendwo auf der Welt einmal verboten waren. Das ist ein sehr starker, guter Eindruck.
Das „Parthenon der Bücher ( The Parthenon of Books, 2017)“ langsam bücherleer. Auch schön, dass wir 3 Bände pro Person bekommen haben.

Die beiden Choristinnen vor dem großen Werk des Künstlers Hiwa K, bestehend aus übereinandergestapelten Abwasserrohren, die als Wohnung und Schlafmöglichkeit eingerichtet wurden.
Karin Müller Schmied (links) und Annika Mayer (auch Choristin auf d14).
Im Hintergrund ist die Arbeit „When We Were Exhaling Images (2017)“ von Hiwa K zu sehen.
Blick durch die Gruppe auf die beiden Choristinnen. Über und hinter den Choristinnen hängen verschiedenfarbig blaugetönte helle und dunkle Stoffe und dazwischen weiße Oberteile (T-Shirts, dünne Pullover).
Die Gruppe mit den beiden Choristinnen (Mitte) steht auf der Arbeit „Scène à l’italienne (Proscenium) (2014–)“ von Annie Vigier & Franck Apertet (les gens d’Uterpan), in der documenta Halle. Im Hintergrund ist die Arbeit „Fundi (Aufstand, 2017)“ von Aboubakar Fofana zu sehen.

Wir danken unserer Choristin Karin Müller Schmied. Sie und ihre Kollegin haben uns gut geführt. Auch danken wir der documenta-Education, die uns die Spaziergänge in Deutscher Gebärdensprache noch kurz vor Ende der documenta mit langer Suche nach einer gebärdensprachigen Person ermöglicht haben. Auch von Karin Müller Schmied vielen Dank für eure großartige Teilnahme an den 3 Tagen, es war einfach wundervoll!
Sie macht weiter Führungen in verschiedene Museen, Information über Termine auf www.karinmuellerschmied.de
Nochmal vielen Dank an unsere Schriftführerin Dorle Wareka (AGV Kassel und Umgebung gegr.1889). Ihre gesamte Organisation hat gut geklappt.
Für die documenta 15 im Jahr 2022 wünschen wir uns, dass von Anfang an Führungen in Deutscher Gebärdensprache angeboten werden.

Guido Ise

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